„Es ist wichtig, die medizinische Infrastruktur im ländlichen Raum zu erhalten, sie
zugleich zu verbessern und den sich ändernden Bedürfnissen anzupassen. Das
gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge“, sagte Kathrin Anders, Sprecherin für
Geburtshilfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag, kürzlich
im Gefahrenabwehrzentrum des Main-Kinzig-Kreises in Gelnhausen.
Die Landtagsabgeordnete informierte sich bei ihrem Besuch über das Projekt
„Hebamme vor Ort“ und das Telenotarztsystem, das die Rettungsdienste im Kreis
seit mehr als drei Jahren bei ihren Einsätzen unterstützt.
Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler begrüßte Kathrin Anders gemeinsam
mit Günther Seitz, Abteilungsleiter Gefahrenabwehr im Amt für Gesundheit und
Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-Kreises, und dankte der Landtagsabgeordneten
für ihr Interesse: „Mit dem Hebammenprojekt wollen wir die gesundheitliche
Versorgung von werdenden Müttern und ihren Kindern weiter verbessern. Uns ist
es wichtig, Lösungen und nicht Probleme in den Fokus zu nehmen. Deshalb
orientieren wir uns an der Lebensrealität der Menschen und überlegen, welche
Player einbezogen werden müssen, um eine möglichst optimale Lösung für ein
erkanntes Problem umzusetzen. Dafür braucht es Menschen, die bereit sind
mitzugestalten. Genau dies bildet die Grundlage für die beiden so erfolgreichen
Projekte ‚Hebamme vor Ort‘ und ‚Telenotarzt‘.“
Anschließend stellte Dr. Manuel Wilhelm, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes
des Main-Kinzig-Kreises, das Konzept von „Hebamme vor Ort“ vor. Immer wieder
einmal würden Rettungswagen und Notärzte zu Hochschwangeren gerufen, die
kurz vor der Geburt ihres Kindes stehen. „Der Notarzt ist eigentlich gesetzlich
verpflichtet, bei einer normal verlaufenden Geburt eine Hebamme hinzuzuziehen“,
berichtete Dr. Manuel Wilhelm. Aus dieser Grundidee heraus hat der Mediziner das
Pilotprojekt „Hebamme vor Ort“ angestoßen, das in Zusammenarbeit mit dem
Landesverband der Hessischen Hebammen beziehungsweise deren Kreisverband
im Main-Kinzig-Kreis durchgeführt wird und das im Oktober 2021 an den Start
ging. In dem Projekt engagieren sich Hebammen, die bereit sind, während eines
Einsatzes vor Ort mitzuarbeiten. Nachdem Fragen des Versicherungsschutzes und
der Zuständigkeiten geklärt waren, fanden sich bislang bereits zwölf Hebammen,
die an dem Projekt teilnehmen. Die Frauen können angeben, in welchem
Umgebungsradius sie tätig sein wollen und zu welchen Uhrzeiten und an welchen
Tagen sie erreichbar sind. Wird ein Rettungsdienstteam zu einem Einsatz gerufen,
wird eine im Einsatzgebiet als „Hebamme vor Ort“ gemeldete Hebamme
telefonisch alarmiert. Die für eine Geburt notwendige Ausrüstung ist in jedem
Rettungswagen vorhanden. Diese wird nun regelmäßig in Rücksprache mit dem
Hebammenverband besprochen und, wenn notwendig, erweitert. Jeder Einsatz
wird zur Qualitätssicherung dokumentiert. „Bislang sind unsere Erfahrungen und
die Rückmeldungen von Einsatzteams, Müttern und Hebammen durchweg positiv“,
so Dr. Manuel Wilhelm. Er hofft, dass die Idee auch in benachbarten Kreisen
aufgegriffen und umgesetzt wird.
Kathrin Anders zeigte sich von dem Projekt sehr angetan: „Ein ähnliches Konzept
habe ich vor gut zweieinhalb Jahren angeregt. Diesen Vorschlag und einige andere
Maßnahmen werden deshalb auch an dem Runden Tisch Geburtshilfe der
Landesregierung diskutiert. Es freut mich, dass das Hebammenprojekt des Main-
Kinzig-Kreises bereits gelebte Praxis und ein so großer Erfolg ist.“ Das Telenotarzt-
Pilotprojekt wiederum läuft seit mehr als drei Jahren in Kooperation mit der
Aachener Betreiberfirma Umlaut Telehealthcare und mittlerweile auch dem
hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Das Telenotarztsystem macht es
möglich, bei bestimmten Rettungsdiensteinsätzen einen Telenotarzt
hinzuzuschalten. Das Team des Rettungswagens kann von ihm bei Bedarf eine
fundierte medizinische Einschätzung einholen. Auf diese Weise muss nicht bei
jedem Einsatz, der einen Notarzt erfordert, ein solcher physisch anwesend sein.
Trotzdem werden die Einsatzkräfte vor Ort bestens notfallmedizinisch unterstützt.
Der Telenotarzt kann auf die Live-Vitaldaten des Patienten oder der Patientin
sowie Fotos von der Einsatzstelle zugreifen, mit den Notfallsanitäterinnen und
Notfallsanitätern am Einsatzort sprechen und bei Bedarf einen Videostream aus
dem Rettungswagen nutzen. Statt im Notarzteinsatzfahrzeug anzufahren, sitzt er
während des Kontakts in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr in Aachen oder in der
Leitstelle im Gefahrenabwehrzentrum in Gelnhausen. 14 der Rettungsfahrzeuge im
Kreis sind mit dem notwendigen technischen Equipment ausgestattet. Diese Zahl
soll bis Ende 2022 verdoppelt werden. „Vor allem im Main-Kinzig-Kreis mit seiner
großen Ausdehnung, in dem Rettungskräfte bei einem Einsatz zeitlich wie räumlich
stark gebunden sind, ist das Telenotarztsystem sehr sinnvoll“, erklärte Susanne
Simmler. Sie geht davon aus, dass das System in naher Zukunft auch von weiteren
Kommunen genutzt wird.
Foto: Kathrin Anders, Sprecherin für Geburtshilfe der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen im Hessischen Landtag, informierte sich im Gefahrenabwehrzentrum des
Main-Kinzig-Kreises über das Projekt „Hebamme vor Ort“. Empfangen wurde sie
von Susanne Simmler, Erste Kreisbeigeordnete, Günther Seitz, Abteilungsleiter
Gefahrenabwehr im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr des Main-Kinzig-
Kreises, sowie Dr. Manuel Wilhelm, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes.